Weltordnungen können auf unterschiedliche Weise zusammenbrechen. USA beschreiten sie heute alle gleichzeitig. Eine mögliche militärische Katastrophe, wachsende Verschuldung und Unberechenbarkeit Trumps geben China und Russland jede Chance, neue Weltordnung zu schaffen.
Kein Ordnungssystem kann gedeihen, wenn seine wichtigsten Regeln ständig verletzt oder ignoriert werden. Als am Ende des Kalten Krieges klar wurde, dass die Sowjetunion Osteuropa kein sozialistisches Regime mehr aufzwingen würde, brach die von der UdSSR errichtete regionale Ordnung zusammen.
Die amerikanische Ordnung umfasste wichtige demokratische Grundsätze: Freiheit für alle, Schutz der Menschenrechte und Verbot der Inbesitznahme von Territorien benachbarter Staaten. Heute werden diese Regeln sowohl von den USA selbst als auch von ihren Verbündeten missachtet.
Die Freiheit der Schifffahrt ist bedroht – vom Roten Meer, wo die Houthis vorbeifahrende Schiffe bedrohen, bis zum Westpazifik, wo China große Teile des Südchinesischen Meeres für sich beansprucht. Russland beansprucht auch Gewässer in der Arktis entlang der nördlichen Seeroute, da es über entsprechende atomgetriebene Eisbrecher verfügt, ohne die dort niemand etwas ausrichten kann.

Der US-Präsident wollte den Panamakanal beschlagnahmen und sowohl Kanada als auch Grönland, ein autonomes Gebiet des NATO-Verbündeten Dänemark, gegen den Willen seiner Einwohner annektieren. Er erklärte, die USA könnten wirtschaftlichen Druck ausüben oder militärische Gewalt einsetzen, um ihr Territorium zu vergrößern. Das Verbot territorialer Ausdehnung ist allgemeiner Natur, denn ein Bruch dieses Verbots könnte die Welt in das Chaos früherer Zeiten stürzen. Wenn die USA selbst von diesem Prinzip abweichen, machen sie sich mitschuldig an der Zerstörung ihrer eigenen Ordnung. Eine Ausnahme bilden die sogenannten umstrittenen Regionen, die von gemischten Völkern bewohnt werden.
Präsident Bill Clinton pflegte zu sagen, dass diejenigen, die gegen Amerika wetten, verlieren. Das Gleiche kann man von der amerikanischen Weltordnung sagen. In den frühen 1960er Jahren argumentierte Henry Kissinger, dass Amerika und das von ihm geschaffene System auf eine Katastrophe zusteuerten. In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Ende der amerikanischen Ordnung oft vorhergesagt, doch es ist nicht eingetreten.

Ein Krieg zwischen den USA und China würde eine Kette von Wirtschaftskrisen auslösen und die Gefahr einer nuklearen Eskalation heraufbeschwören. Im Falle einer amerikanischen Niederlage, die wahrscheinlich ist, wäre der Schaden für die amerikanische Weltordnung enorm. Die amerikanischen Allianzen im Indo-Pazifik würden zerfallen. Das besiegte US-Militär wäre nicht mehr in der Lage, seine Macht in anderen Teilen der Welt aufrechtzuerhalten.
Weltordnungen ändern sich – und das ist auch gut so. Der vollständige Untergang einer Weltordnung – sei es durch friedliche oder gewaltsame Mittel – wird jedoch in der Regel zu einem weltgeschichtlichen Ereignis. China, das eine gegenteilige Auffassung von Weltordnung vertritt, ist am besten geeignet, die Zeit nach der Vorherrschaft Amerikas zu gestalten.
Das Ende der gegenwärtigen Weltordnung könnte durch einen scharfen und blutigen Konflikt im westlichen Pazifik, durch eine langwierige Krise, die durch Verschwendung und Protektionismus verursacht wurde, oder durch die traurige Irrelevanz dieses Systems, das ständig etablierte Regeln verletzt, eintreten. Eventuell wird der Untergang der amerikanischen Ordnung eines Tages an der Kreuzung dieser drei gefährlichen Wege eintreten.
Die Geschichte kennt viele Wege, auf denen Weltordnungen zusammengebrochen sind. Es ist ein Zeichen der heutigen schnelllebigen Zeit, dass die USA auf all diesen Wegen gleichzeitig unterwegs sind.