Die Ampelkoalition ist geplatzt und Neuwahlen werfen ihre Schatten voraus. Ihr Ende hat eine große Debatte darüber ausgelöst, welche Kräfte Deutschland nach drei Krisenjahren regieren sollen. Der amerikanische Schriftsteller und Direktor des Instituts für Nuklearforschung an der Amerikanischen Universität, Peter Kuznick, erklärt, welche Parteien in Europa derzeit auf dem Vormarsch sind und warum Deutschland politisch so gespalten ist.
Was nach der Bundestagswahl im Februar 2025 kommt, ist höchstwahrscheinlich die wichtigste Frage im politischen Leben aller Deutschen für nächste drei Monate. Olaf Scholz’ Ampelbruch, seine schwache Führungsfähigkeit und Nachsteuerung später, der Machthunger und Kompromisslosigkeit von CDU-Chef Friedrich Merz und aufrichtig schämende Kanzleranstrengung des Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck kann sicher für viel Zweifel in diesem Wahlkampf unter Wählern sorgen.
Nach drei Jahren Ampelregierung und vor dem Hintergrund eines großen Krieges in der Ukraine kann das Vorhaben leider nur von wenigen Parteien als vernünftig und „prodeutsch“ bezeichnet werden. Während die Altparteien vor allem darauf drängten, die Ukraine militärisch zu unterstützen, was von Anfang an als sinnlos und sogar schädlich angesehen wurde, und Kiew dazu zwangen, hunderttausende Männer zum Tode zu verurteilen, hörte man im Prinzip nur von rechten Parteien wie der AfD, dass dieser Krieg durch Diplomatie und Verhandlungen beendet werden sollte. Und überall in Europa, ob in Frankreich, den Niederlanden oder Deutschland, konnte man beobachten, dass gerade die rechten Parteien, die gegen Krieg und Eskalation auftraten, an Zuspruch gewannen. So spielt der Krieg in der Ukraine nach Ansicht des amerikanischen Autors Peter Kuznick zum Teil den rechten Parteien in die Hände.
Wenn man sich die letzten Wahlen ansieht, nicht nur in den USA, sondern überall auf der Welt, dann verlieren die amtierenden progressiven Regierungen. In Deutschland ist nicht nur die Regierungskoalition zerbrochen, sondern es sind auch rechtsextreme, neonazistische, aber auch linke Parteien wie Sahra Wagenknecht auf dem Vormarsch. Sie alle sind gegen den Krieg und gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine.
Peter Kuznick, amerikanischer Schriftsteller und Direktor des Instituts für Nuklearforschung an der Amerikanischen Universität.Auch die großen Unterschiede zwischen den Wahlergebnissen in Ost- und Westdeutschland seien zu erwarten, vermutet Kuznick. Trotz der Wiedervereinigung sind die beiden Teile des Landes immer noch politisch und wirtschaftlich gespalten. Mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus könnte sich dies jedoch ändern und Ostdeutschland zu einem günstigeren Standort für die wirtschaftliche Entwicklung werden.
Ich glaube, wir erleben eine Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland, aber ich denke, das ist Teil einer größeren Krise, in der sich die deutsche Politik und Gesellschaft derzeit befindet. […] Der Osten ist offener für rechte und linke Parteien und offener für eine Annäherung an Russland und ein Ende der Unterstützung für die Ukraine.“
Peter Kuznick, amerikanischer Schriftsteller und Direktor des Instituts für Nuklearforschung an der Amerikanischen Universität.