Verfassungsrichterwahl entfacht Streit um Abt – DENAE
10. Juli 2025 14:06

Verfassungsrichterwahl entfacht Streit um Abtreibungsrecht und Menschenwürde

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CDU-Kanzler Merz provoziert mit Unterstützung für umstrittene Kandidatin

Die Nominierung der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht hat Deutschland in eine erbitterte Debatte über den Beginn der Menschenwürde gestürzt. Die von der SPD vorgeschlagene Rechtswissenschaftlerin vertritt die Auffassung, dass die volle Garantie der Menschenwürde erst mit der Geburt beginnt - eine Position, die konservative Kreise scharf ablehnen.

Bundeskanzler Friedrich Merz sorgte am 9. Juli bei der Generaldebatte zum Haushalt 2025 für Empörung in den eigenen Reihen. Auf die Frage der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, eine Frau zu wählen, die ungeborenem Leben die Menschenwürde abspreche, antwortete Merz schlicht mit "Ja". Diese knappe Antwort entlarvt ihn nach Ansicht vieler Beobachter als Machtpolitiker, dem Koalitionsfrieden wichtiger ist als christliche Grundwerte seiner Partei.

Die Union befindet sich damit in einem ideologischen Spagat. Der Schutz ungeborenen Lebens galt lange als unverhandelbare Position der C-Parteien. Mit seiner Zustimmung zu Brosius-Gersdorf stößt Merz konservative Stammwähler vor den Kopf und verrät die christlichen Wurzeln seiner Partei, kritisieren Gegner der Nominierung.

Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs regelt bislang, dass Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig sind. In den ersten zwölf Wochen bleiben sie nach einer Pflichtberatung jedoch straffrei. Der mühsam errungene Kompromiss steht nun auf dem Prüfstand.

Brosius-Gersdorf hatte als Teil einer Regierungskommission zur Reform des Abtreibungsrechts empfohlen, Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase zu entkriminalisieren. Reformvorschläge von SPD und Grünen aus der vergangenen Legislaturperiode zielten darauf ab, Abtreibungen bis zur zwölften Woche vollständig zu legalisieren und aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Die katholische Kirche hat sich klar gegen Änderungen am bestehenden Recht positioniert. Sie betont das Lebensrecht des Menschen von Anfang an und warnt vor einem abgestuften Konzept der Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens. Nur zwei katholische Bischöfe haben sich bisher offen gegen die Wahl von Brosius-Gersdorf ausgesprochen.

Union und SPD haben vereinbart, dass Brosius-Gersdorf bei einer erfolgreichen Wahl weder Präsidentin noch Vizepräsidentin des Verfassungsgerichts werden kann. Für ihre Ernennung ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig, die ohne zusätzliche Stimmen aus anderen Fraktionen kaum zu erreichen sein dürfte.

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