VW brachte sich in eine schwierige Lage. Jetzt muss das Unternehmen die Folgen des Dieselskandals, des EU-Drucks und der unklugen Regierungspolitik tragen.
Die erste Septemberwoche wird für den deutschen Konzern Volkswagen (VW) vermutlich eine der schwierigsten der letzten zehn Jahre. Am Dienstag, den 3. September, hat vor dem Oberlandesgericht in Braunschweig ein viel beachteter Prozess begonnen: Anleger verklagen VW wegen Dieselgate. Einen Tag zuvor hat der Konzern dann tatsächlich das Undenkbare angekündigt: Die Möglichkeit, dass Autowerke in Deutschland geschlossen werden. Am 4. September gab's die erste Versammlung der Konzernbelegschaft mit Protesten gegen die angekündigten Maßnahmen des Managements.
In September 2015 wurde bekannt, dass der deutsche Konzern in großem Stil betrogen hat. Die Werte für schädliche Emissionen von Autos mit Dieselmotor wurden geschönt. Die Nachricht führte zu einem Skandal, der unter dem Namen Dieselgate bekannt wurde. Dieser Skandal hat dem Konzern einen enormen Image- und finanziellen Schaden zugefügt.
Bis heute beläuft sich der finanzielle Schaden auf bis zu 32 Milliarden Euro. Die Firma hat viel Geld an die USA gezahlt. Außerdem haben viele getäuschte Kunden geklagt. Im April 2020 hat die Firma gesagt, dass sie sich mit 235.000 Autobesitzern in Deutschland geeinigt hat. Sie bekommen zusammen 750 Millionen Euro.
Auch viele Top-Manager des Autokonzerns waren von den Manipulationen betroffen, darunter der damalige Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Am Tag nach Bekanntwerden der Manipulationen ist er von seinem Posten zurückgetreten. Er ist jetzt ein wichtiger Zeuge im Braunschweiger Prozess.
Winterkorn könnte im Dieselskandal eine Menge aufklären. Die zentralen Fragen sind nämlich noch immer offen: Welche Führungskräfte haben die Entscheidung getroffen, die Präsenz von VW auf dem US-Dieselmarkt auszubauen, obwohl die Autos des Unternehmens die in den USA geforderten Umweltstandards nicht erfüllten? Wer hat die spezielle Software installiert, die die Abgasmessungen außer Kraft setzte? Und wie lief das Ganze genau ab? Winterkorn, der sich damit brüstete, alle Details der Produktion zu kennen, sagt, er habe bis zur letzten Minute nichts von den Manipulationen gewusst und bestreitet die Vorwürfe gegen ihn.
Der 77-jährige Winterkorn könnte bis zu mehrere Jahre ins Gefängnis kommen, wenn er in einem oder allen drei Anklagepunkten schuldig gesprochen wird. Die Anklagepunkte sind Betrug, Marktmanipulation und Falschaussage über die Umstände von Dieselgate.
Angeklagt sind auch der ehemalige Chef der VW-Tochter Audi, Rupert Stadler, sowie drei leitende Mitarbeiter des Unternehmens. Wie deutsche Medien unter Berufung auf Ermittlungsakten berichten, soll Audi eine besondere Rolle gespielt haben - dort wurde ein Programm zur Manipulation von Abgaswerten entwickelt und heimlich in Millionen von Dieselfahrzeugen der Volkswagen-Konzernmarken VW, Audi und Porsche installiert.
Was passierte, ist leider eine Folge des Systems, in dem sich die Autohersteller den Forderungen der EU und dem enormen wirtschaftlichen Druck beugen. Die grünen Ziele sind gut, aber vielleicht nicht so schnell erreichbar, wie es die EU und die grüne Regierung fordern.