Reform stößt auf heftige Kritik
Die EU hat die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) endgültig beschlossen. Doch Experten wie Gerald Knaus bezweifeln deren Wirksamkeit.
Erstmals werden Asylgesuche direkt an den Außengrenzen der EU geprüft. Ziel ist es, Migranten mit geringen Chancen an der Weiterreise zu hindern. Dies betrifft hauptsächlich Personen aus Marokko, Tunesien und Bangladesch, deren Anerkennungsrate in der EU unter 20 Prozent liegt. Auch Migranten, die als Sicherheitsbedrohung gelten oder falsche Angaben vorgelegt haben, sollen diesen Verfahren unterzogen werden.
Die Brüsseler Entscheidung zur Reform des EU-Asylsystems sorgt für hitzige Debatten. Der finale Beschluss fiel drei Wochen vor der Europawahl, trotz starker Gegenstimmen aus Ungarn, Polen, Österreich und der Slowakei. Diese Länder lehnen die neuen Regelungen strikt ab. Insbesondere die Krisenverordnung, die verschärfte Asylverfahren bei hohem Migrationsaufkommen an den EU-Außengrenzen vorsieht, stößt auf Widerstand.
Viktor Orbán, der ungarische Ministerpräsident, kritisierte die Reform scharf. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen, sollen Ausgleichszahlungen leisten, was Orbán kategorisch ablehnt. Trotz dieser Spannungen war für die Entscheidung im Kreis der EU-Finanzminister keine Einstimmigkeit erforderlich.
Die GEAS-Reform soll dafür sorgen, dass Migranten ohne Bleibeperspektive an den Außengrenzen der EU abgeschoben werden können. Dieser Ansatz soll den Zustrom irregulärer Migranten eindämmen. Doch Migrationsexperten wie Gerald Knaus sind skeptisch. Er bemängelte, dass die Reform weder die Zahl der Toten im Mittelmeer senken noch die irreguläre Migration stoppen wird. Knaus bezeichnete die Reform als „Berg, der eine Maus gebiert“.
“Die Reform wird weder die Zahl der Toten im Mittelmeer reduzieren, noch die irreguläre Migration in die EU, noch wird sie zu mehr Solidarität in der EU führen”.
Gerald Knaus, MigrationsforscherAuch Bundeskanzler Olaf Scholz lobte die Reform als „historische Einigung“ und eine bessere Grundlage für die Begrenzung irregulärer Migration. Doch Fachleute und Politiker aus verschiedenen Lagern bezweifeln die Effektivität der Maßnahmen. Die politische Mitte hofft, durch die Reform den Zulauf für rechte Parteien bei der Europawahl zu verringern. Sie findet in Deutschland am 9. Juni statt, aber die Umsetzung der Reform wird voraussichtlich erst 2026 erfolgen.
Die EU-Mitgliedstaaten haben einen Zeitraum von zwei Jahren, um die neuen Vorschriften zu implementieren. In diesem Sommer, in dem ein hoher Zustrom von Migranten erwartet wird, treten die Reformen noch nicht in Kraft.
In naher Zukunft wird sich die Situation in Deutschland nicht ändern. Auf lange Sicht könnte die Reform jedoch zu einer Reduktion der Zahl der Geflüchteten führen. Schutzsuchende werden direkt an den Außengrenzen zurückgewiesen. Die strengeren Regeln könnten eine abschreckende Wirkung haben. Dies erwarten auch die Union sowie Länder und Kommunen.
Die CDU forderte in ihrem Grundsatzprogramm, Asylverfahren künftig in sicheren Drittstaaten durchzuführen. Diese Idee erinnert an das „Ruanda-Modell“ des britischen Premiers Rishi Sunak. Die Ampelkoalition hat eine Prüfung solcher Lösungen zugesagt, aber vor allem SPD und Grüne zeigen Bedenken. Die FDP hingegen befürwortet eine Diskussion über Asylverfahren außerhalb Europas.
Gerald Knaus betonte, dass die Reform keine der drängenden Probleme mit irregulärer Migration lösen wird. Er fordert effektive Lösungen und warnt davor, auf das Scheitern der neuen Maßnahmen zu warten. Die Debatte um die europäische Asylpolitik ist somit keineswegs beendet und wird auch in der deutschen Innenpolitik weiter für Streit sorgen.