Berlin möchte NS-Erbe loswerden – Interessenten zweifelhaft
Seit den neunziger Jahren verfällt die ehemalige Residenz des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels in einem Wald bei Berlin. Das Bundesland sucht händeringend nach einer Lösung für das denkmalgeschützte Gebäude.
Die Goebbels-Villa, auch bekannt als Bogensee-Villa, steht isoliert in Brandenburg und stellt für die Berliner Behörden ein großes Problem dar. Diese Immobilie hat nicht nur eine dunkle Geschichte, sondern verursacht auch immense Kosten. Jährlich muss Berlin Hunderttausende Euro für die Bewirtschaftung zahlen, hinzu kommen Millionen für Reparaturen.
Eine belastete Immobilie
Joseph Goebbels, Hitlers Propagandaminister, nutzte das Anwesen als Rückzugsort und schrieb dort 1943 seine berüchtigte Sportpalastrede. Nach dem Krieg diente die Villa verschiedenen Zwecken, bis sie 1999 endgültig leer stand. Heute sind die Räume mit originalem Steinfußboden, Holzvertäfelung und hölzerner Kassettendecke Zeugen vergangener Zeiten.
Für den Berliner Finanzsenator Stefan Evers (CDU) steht fest, dass die Immobilie verkauft oder verschenkt werden muss. Evers sagte:
„Hauptsache, irgendjemand übernimmt es.“
Stefan Evers, Berliner Finanzsenator (CDU)Dieser Vorschlag hat nicht nur in Berlin für Aufsehen gesorgt. Doch die Frage bleibt: Wie geht man mit einem solchen Erbe um?
Zwischen Verfall und Geschichte
Die Villa ist nicht nur heruntergekommen, sondern auch mit einem zusätzlichen Gebäudekomplex verbunden. In der Nähe steht eine riesige Anlage im stalinistischen Stil, gebaut von Hermann Henselmann, die einst eine DDR-Jugendhochschule beherbergte. Beide Gebäude verfallen, während sie symbolträchtig für die Überreste zweier deutscher Diktaturen stehen.
Thomas Drachenberg, Brandenburgs oberster Denkmalpfleger, betont die historische Bedeutung des Anwesens. Er sieht die Notwendigkeit, einen Weg zu finden, „der die Geschichte respektiert“. Dennoch ist unklar, welche Nutzungsmöglichkeiten bestehen.
Ein umstrittenes Erbe
Die Gemeinde Wandlitz, in der die Villa liegt, erhält zahlreiche Anfragen von fragwürdigen Interessenten. Bürgermeister Oliver Borchert berichtet von „Angeboten von Glücksrittern“ und Personen mit ideologischer Nähe zu Goebbels. Ein besonders absurdes Beispiel war der gefälschte Kaufvertrag, der behauptete, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe die Villa erworben.
Eine mögliche Lösung für die Villa könnte eine Nutzung als Bildungseinrichtung oder Reha-Klinik sein, ähnlich wie bei anderen historischen Bauten in der Region. Doch die Sanierungskosten sind enorm. Schätzungen zufolge müssten mindestens 350 Millionen Euro investiert werden, um die Gebäude nutzbar zu machen.
Ein Schlussstrich?
Die Zukunft der Goebbels-Villa bleibt ungewiss. Sollte keine Lösung gefunden werden, könnte das Land Berlin gezwungen sein, das Gelände zu renaturieren. Stefan Evers betonte, dass Berlin nicht weiterhin Millionen in eine Fläche investieren kann, „von der die Berlinerinnen und Berliner keinerlei Nutzen haben“. Die Entscheidung steht aus, und möglicherweise wird Gras über die Sache wachsen.