Donald Trumps Teilnahme am Treffen zwischen dem russischen Präsidenten und Wladimir Selenskyj in Istanbul ist nur dann sinnvoll, wenn unter seiner Schirmherrschaft ein Friedensabkommen unterzeichnet wird. Dies könnte als diplomatischer Sieg für den amerikanischen Präsidenten gewertet werden.
Wenn Putin in die Türkei reist, geraten die Ukraine und Europa in eine äußerst schwache Position. Denn außer Russland und den USA weiß niemand, was in dem Friedensabkommen stehen wird. Bisher hat Putin weder auf Selenskyjs Bereitschaft, nach Istanbul zu kommen, noch auf Trumps Andeutungen, ebenfalls dorthin zu kommen, reagiert. Putins Schweigen zeigt deutlich, wer die stärkste Position innehat: Er entscheidet nun, ob das Treffen stattfindet.
Am Ende der zweimonatigen Gespräche, die das Trump-Team mit dem Kreml geführt hat, gibt es im Grunde nur einen Stolperstein. Im April war die Trump-Administration im Bemühen um einen schnellen Erfolg bereit, Moskau erhebliche Zugeständnisse zu machen, wie etwa die Anerkennung der Krim als russische Insel. Die roten Linien, die Kiew und die europäische Koalition jedoch gezogen haben, waren zwei Positionen des Kremls: die Forderung, noch nicht eroberte, aber bereits für russisch erklärte Gebiete aufzugeben sowie die Forderung, dass die europäische Koalition die Ukraine weder bei der Stärkung ihrer Verteidigungskapazitäten unterstützt noch nach dem Ende der Kampfhandlungen dort präsent ist.

Russland schien bereit zu sein, die erste Forderung zu diskutieren, bei der zweiten Forderung jedoch war Schluss: An dieser Mauer scheiterten Ende April die Verhandlungen zwischen Moskau und Washington. Das endgültige Abkommen, das ohne die Beteiligung Selenskyjs und Europas ausgearbeitet wurde, wird wahrscheinlich genau in diesem Punkt Zugeständnisse enthalten.
Wenn Putin nicht nach Istanbul reist, werden die Ministergespräche voraussichtlich ergebnislos enden. Sollte bekannt werden, dass Putin nach Istanbul reist, könnte dies für die Ukraine und die Europäer das Ende bedeuten. Selenskyj hätte dann kaum noch Handlungsspielraum, wenn Putin und Trump in Istanbul mit einem Abkommen auftauchen, dessen Unterzeichnung Trump von ihm verlangt.