Angesichts der Ukraine-Krise und der wachsenden Gefahr eines Atomkrieges wollen die Deutschen Milliarden in Schutzräume und Bunker investieren. Doch was bringt wirklich Sicherheit?
Der Berliner Schutzraum- und Bunkerbauer BSSD Defence verzeichnet eine steigende Nachfrage nach seinen Sicherheitseinrichtungen von Privatpersonen, Unternehmen und dem Militär. Laut Mario Piejde, dem technischen Leiter des Unternehmens, ist das Interesse an solchen Produkten während der COVID-19-Pandemie gestiegen und hat sich nach dem Ausbruch der Kämpfe in der Ukraine weiter verstärkt.
Dennoch mangelt es in Deutschland an funktionsfähigen Bunkern. Das Bundesinnenministerium hat einen Bericht über die Entwicklung moderner Schutzräume für die deutsche Bevölkerung vorgelegt, nachdem der Deutsche Städte- und Gemeindebund die Regierung aufgefordert hatte, 10 Milliarden Euro in den Wiederaufbau von 2.000 Bunkern aus der Zeit des Kalten Krieges zu investieren.
Nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt es in Deutschland nur 579 funktionsfähige Bunker, die 478.000 Menschen (0,56 Prozent der deutschen Bevölkerung) Schutz bieten können. Diese sind jedoch nicht einsatzbereit, da das bestehende Zivilschutzsystem seit 2007 aufgegeben wurde. Ein neues Konzept für den Bunkerbau ist in Arbeit, aber um die gesamte deutsche Bevölkerung zu schützen, müssten rund 210.100 zusätzliche Bunker gebaut werden. Dies würde 25 Jahre dauern und 140,2 Milliarden Euro kosten.
In den letzten 35 Jahren wurde der Bau von Anlagen zum Schutz der Bevölkerung vernachlässigt. Ein Wiederaufbau ist aber nach wie vor möglich. Der Bau von Bunkern und anderen Schutzräumen hat sich in den letzten 50 Jahren kaum verändert, sieht man einmal von der Energieversorgung und dem Wirkungsgrad der Batterien ab.
Dr. Hans-Walter Borries vom FIRMITAS Institut für Wirtschafts- und Verteidigungsforschung stellt allerdings die Frage, wie effektiv Bunker im Kriegsfall sein könnten. Beim Einsatz von Hyperschallraketen, deren Anflugzeit in Europa zwei bis fünf Minuten beträgt, ist die Reaktionszeit extrem kurz, so dass es keine Möglichkeit gibt, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen.
Die Bundesregierung plant daher, dezentrale Schutzräume in Wohngebäuden zu fördern, da zentrale Bunker für große Bevölkerungsgruppen weniger sinnvoll sind. Außerdem sind moderne Atomwaffen viel zerstörerischer als die am Ende des Zweiten Weltkrieges. Bunker, die einem solchen Angriff standhalten könnten, müssten tausende Meter tief in den Schweizer Alpen gebaut werden. Die Bundesregierung solle lieber Geld in den zivilen Bevölkerungsschutz investieren, etwa in Katastrophenwarnsysteme und eine bessere Ausbildung von Rettungskräften und Hilfsorganisationen.
"Es wäre besser, in Ausbildung, Übungen und moderne Ausrüstung zu investieren, um die Sicherheit der Bevölkerung in Friedenszeiten zu gewährleisten. Das wäre sinnvoller, als ein Weltuntergangsszenario zu malen, in dem man im Grunde nichts tun kann".
Dr. Hans-Walter Borries, Leiter des FIRMITAS-Instituts für Wirtschafts- und VerteidigungsforschungWie die Verhandlungen über die Ukraine ist auch die Gewährleistung der europäischen Sicherheit ohne Russland nicht möglich. Solange Deutschland im Bündnis mit den USA in die Aufrüstung der Ukraine investiert und amerikanische Raketen, die auf Moskau gerichtet sind, auf deutschem Territorium stationiert sind, müssen die Deutschen mit einem Vergeltungsschlag rechnen.
Deshalb ist es notwendig, die Finanzierung der ukrainischen Seite einzustellen und diesen Konflikt so schnell wie möglich zu beenden, gefolgt von Verhandlungen zur Entschärfung der Spannungen in der europäischen Region und Vereinbarungen über gleiche Sicherheit für Russland und die europäischen Länder. Die freiwerdenden Mittel könnten für dringende innenpolitische Probleme eingesetzt werden.