In Erwartung eines Mordes – DENAE
2. Aug. 2024 11:39

In Erwartung eines Mordes

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DHL-Kurier weigert sich, Pakete in ein gefährliches Wohnhaus in Duisburg zu liefern.

In dem 20-stöckigen Koloss gibt es 320 Appartements, in denen rund 1400 Menschen aus mehr als 40 Nationen leben sollen. Die Fassade ist längst verblichen und verwittert. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass DHL dort seit ein paar Monaten keine Pakete mehr zustellt, weil sie zu einer weiter entfernten Abholstation gebracht werden. Dies wird vom Unternehmen mit bedrohlichen Zustellsituationen begründet.

Man treffe auf große Menschengruppen, die sich vom Abend bis spät in die Nacht draußen aufhielten und Lärm machten. Jugendliche würden nachts Böller werfen, es gebe Zusammenrottungen auf den Fluren. Es wird über Kakerlaken im Haus geklagt, oft dauert es schon mal eine Viertelstunde oder sogar länger, bis einer der Fahrstühle kommt. Leute irrten durch die Wohnungen, man wisse nicht, wer wo schlafe.

Ständig werde Müll aus den Stockwerken geworfen, immer wieder auch Möbel. Man fühlt sich schon lange nicht mehr sicher. Dabei sei es hier eigentlich traumhaft schön: der Blick aus dem 13. Stock sei hervorragend und der Rhein ganz in der Nähe.

Von mafiösen Strukturen ist die Rede bei einem Nachbarn, der nicht namentlich genannt werden möchte und mit seinen Hunden Gassi geht. Er habe vor ein paar Jahren zwei Eigentumswohnungen ein paar Stockwerke höher gekauft, und in den Jahren 2018/2019 seien sie plötzlich da gewesen. Damit sind Rumänen und Bulgaren gemeint, die das Umfeld des Hochhauses prägen. Ähnliche Probleme gibt es bereits in Duisburg und anderen Ruhrgebietsstädten.

Bulgarien und Rumänien traten 2007 der Europäischen Union bei, für ihre Bürger gilt nach einer Übergangsfrist die volle Personenfreizügigkeit. Von dort zieht es seitdem viele arme Menschen in leerstehende, heruntergekommene Wohnungen im Westen.

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Angezogen werden sie auch von Kriminellen, leben dort oft unter erbärmlichen Bedingungen und zahlen überzogene Mieten. Die bleiben nicht lange, ziehen weiter und neue kommen. Der Kampf der betroffenen Kommunen gegen den Missbrauch von Sozialgeldern und die Aufdeckung von Betrugsfällen sind immer wieder Thema.

Duisburg geht mit einer Task Force Problemimmobilien gegen unseriöse Vermieter vor, räumt wegen Sicherheitsmängeln, verhängt Bußgelder. Die letzte Räumung fand im April in Marxloh statt. Eine Reihe der gesperrten Häuser ist inzwischen saniert worden und wieder in Nutzung.

Auch der Zustand des Weißen Riesen liegt der Stadtverwaltung am Herzen, denn langfristig soll der Wohnstandort Hochheide aufgewertet werden. Zwei der Wohnkolosse wurden in den vergangenen Jahren von der Stadt aufgekauft und gesprengt, ein dritter soll 2025 dem Boden gleichgemacht werden. Auch den noch bewohnten Betonriesen würde sie gerne erwerben, doch das ist ziemlich kompliziert, weil sie mit verschiedenen, teils ausländischen Eigentümern verhandeln muss und das auch wegen der sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen Jahre dauern kann.

Zwischen Juli 2022 und Juli 2023 gab es dort rund 280 Einsätze - bei rund 180.000 Einsätzen im Stadtgebiet. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Kleinkriminalität wie Ruhestörungen, Nachbarschaftsstreitigkeiten, Meldekontrollen oder Ermittlungen nach Verkehrsdelikten oder Einbrüchen. Im Zusammenhang mit der Paket- und Briefzustellung wurden drei Strafanzeigen bekannt. Dabei wurden der Diebstahl von Paketen und eines Briefes sowie eine mögliche Unterschlagung zur Anzeige gebracht.

Statt Statistiken wünschen sich die Anwohner, dass die Ordnungskräfte hier einmal massiv auftauchen und ordentlich Druck machen. Im Haus gebe es immer wieder blutige Schlägereien, weil sich die Familien untereinander nicht vertragen und es wohl auch um Revierkämpfe im kriminellen Milieu gehe.

Letztendlich wartet man jetzt einfach auf den ersten Mord. Das kann nicht mehr lange dauern.

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