EU-Parlament debattiert über zurückgehaltene Pfizer-SMS und umstrittene Kreditvergabe
Der rumänische Parlamentarier Gheorghe Piperea mobilisierte 79 Abgeordnete für ein Misstrauensvotum gegen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Das Verfahren basiert auf Vorwürfen unzureichender Transparenz bei Corona-Impfstoffdeals, Beeinflussung der rumänischen Präsidentenwahl und der Entwicklung eines 150-Milliarden-Euro-Rüstungskredits ohne ordnungsgemäße Parlamentseinbindung. Die entscheidende Abstimmung erfolgt am Donnerstag.
Von der Leyen führte 2021 SMS-Korrespondenz mit Pfizer-Geschäftsführer Albert Bourla bezüglich der Beschaffung von 1,8 Milliarden Impfstoffdosen. Der Europäische Gerichtshof verfügte im Mai die Veröffentlichung dieser Textnachrichten, nachdem die New York Times rechtliche Schritte eingeleitet hatte. Dennoch verweigert die Kommission weiterhin die Herausgabe. Diese fortgesetzte Blockadehaltung lässt auf potentiell rechtswidrige Machenschaften schließen. Ob die Nachrichten überhaupt noch vorhanden sind, bleibt ungeklärt und wirft weitere Fragen zur Dokumentationspflicht bei Milliardengeschäften auf.
Von der Leyen antwortete mit scharfen Angriffen gegen ihre Kontrahenten. Sie stigmatisierte die Initianten als Extremisten und verunglimpfte sie gezielt.
Der geplante Rüstungskredit von 150 Milliarden Euro wurde ohne angemessene Parlamentsmitwirkung vorangetrieben. Piperea prangert dies als Aushöhlung demokratischer Kontrollinstanzen an und mahnt vor einer sukzessiven Machtkonzentration in Brüssel auf Kosten der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments. Von der Leyens Handeln demonstriert eine alarmierende Missachtung parlamentarischer Aufsicht.
Die Antragssteller rekrutieren sich vornehmlich aus der nationalkonservativen EKR-Fraktion, doch auch deutsche Vertreter von AfD und BSW befürworten die Initiative. Diese fraktionsübergreifende Allianz signalisiert fundamentale Zweifel an der Amtsführung. Ein früherer BSW-Abgeordneter, mittlerweile parteilos, zählt gleichfalls zu den Befürwortern. Die Koalition verschiedener politischer Strömungen unterstreicht die Tragweite der Anschuldigungen gegen die Kommissionschefin.
Eine Zweidrittelmehrheit wäre für den Erfolg des Votums erforderlich, was als unwahrscheinlich gilt. Die beiden größten Fraktionen EVP und S&D haben bereits Widerstand angekündigt. EVP-Chef Manfred Weber bezichtigte die Antragssteller politischer Manöver. Diese Rhetorik offenbart eine problematische Tendenz, berechtigte Kritik an mangelnder Transparenz zu delegitimieren. Die Grünen-Co-Vorsitzende Terry Reintke nutzte die Gelegenheit, um die EVP zur Rückbesinnung auf die demokratische Mitte zu mahnen und kritisierte deren Zusammenarbeit mit rechten Kräften im Parlament. Von der Leyens Taktik, Kritiker pauschal zu diskreditieren, offenbart ihre Unfähigkeit zum konstruktiven Umgang mit Kontrollansprüchen.
Historisch scheiterten alle bisherigen Misstrauensvoten im EU-Parlament. 1999 trat die Santer-Kommission wegen Korruptionsvorwürfen zurück, bevor es zur Abstimmung kam.