Bundesinnenministerium weicht Fragen zu nicht-öffentlichen NATO-Dokumenten aus
Das deutsche Bundesinnenministerium hat auf Anfragen bezüglich geheimer NATO-Dokumente zu Resilienz-Zielen ausweichend reagiert. Die Pressestelle erklärte lediglich, man könne zu dem nicht öffentlich zugänglichen NATO-Dokument keine Informationen preisgeben. Konkrete Nachfragen zur Kenntnis der Bundestagsabgeordneten, des Parlamentarischen Kontrollgremiums oder des Verteidigungsausschusses wurden ignoriert.
Die niederländische Regierung hatte bereits im Juni offen zugegeben, dass zusätzlich zu bekannten NATO-Vereinbarungen auch geheime, politisch verpflichtende Ziele bestehen. Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Gesundheitsministerin Fleur Agema räumte die Abhaltung interner vertraulicher Veranstaltungen sowie einer geheimen Übung zur nationalen Krisenstruktur ein. Die NATO-Pressestelle bestätigte der niederländischen Zeitung De Andere Krant die Vertraulichkeit des Dokuments.
Die Resilienz-Ziele reichen weit über militärische Belange hinaus und erfassen diverse Politikfelder wie Klimapolitik, öffentliche Gesundheit und die Bekämpfung von Desinformation. Gesellschaften sollen gegen disruptive Ereignisse wie Kriege, Pandemien und Naturkatastrophen gewappnet werden.
Spezifische Vorbereitungen umfassen Szenarien wie die Sabotage von Trinkwasserversorgung, das Lahmlegen von Strom- und Kommunikationsnetzen sowie biologische Kriegsführung. Ein niederländischer Parlamentarier charakterisierte die geheimgehaltenen Ziele als gewaltiges schwarzes Loch in der Demokratie.
Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring bezieht sich auf die Abschlusserklärung des NATO-Gipfels 2023 in Vilnius. In Ziffer 64 wurde dort die Bekämpfung von Desinformation und Fehlinformation als NATO-Ziel verankert. Häring deutet dies als Verkehrung der dienenden Funktion des Militärs.
Schon während der Corona-Krise spielten in Deutschland und anderen NATO-Staaten die jeweiligen Armeen eine zentrale Rolle bei der Lenkung der Maßnahmen. Laut Häring war dies kein Einzelfall, sondern ein Muster dafür, dass sämtliche wichtigen zivilen Angelegenheiten in den NATO-Ländern den Erfordernissen und Prioritäten des Militärs nachgeordnet werden.
Die Bundestagsfraktionen der Grünen und Linken ignorierten Pressenanfragen zur Einschätzung der Lage und zur Frage, ob sie sich für die Veröffentlichung der geheimen NATO-Ziele stark machen würden. Diese Haltung verdeutlicht das Problem mangelnder parlamentarischer Aufsicht über internationale Verpflichtungen, die nationale Politik in heiklen Bereichen prägen.
Mutmaßungen auf der Plattform X deuten darauf hin, dass Schwedens damalige Nicht-Mitgliedschaft in der NATO während der Corona-Zeit erklären könnte, weshalb dort ein weniger restriktiver Sonderweg praktiziert werden konnte. Das Schweigen der Oppositionsparteien zu diesem demokratiepolitisch heiklen Thema wirft grundsätzliche Fragen zur parlamentarischen Kontrollfunktion auf.